Amsterdamer und Harlinger Fliesen  
des 18. Jahrhunderts 
in Schloss Bothmer

 

 Der Bauherr des Schlosses

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"Johann Gaspar Reichsgraf von Bothmar" (1656-1732)

 

Während seiner diplomatischen Laufbahn im Dienste des Kurfürsten von Hannover, der seit 1714 als      Georg I. auch König von England war, hatte Johann Caspar Reichsgraf von Bothmer als ‚Erster Minister für die Deutschen Angelegenheiten’ Wohnung und Amtssitz in der Downing Street 10 in London.
Als enger Berater des Königs führten ihn diplomatische Geschäfte an die einflussreichsten Höfe Europas. Eindrücke dieser Reisen beeinflussten ihn mit Sicherheit als Person und als Bauherrn.
So ließ er in der Zeit von 1726 bis 1732 im Klützer Winkel im westlichen Mecklenburg die Schlossanlage Bothmer durch den Architekten Johann Friedrich Künnecke nach englischen und holländischen Vorbildern bauen. Markantes Vorbild für die Schlossanlage Bothmer war ‚Palais Het Loo’, Sommerresidenz der holländischen Königsfamilie.
Die Fertigstellung der Schlossanlage erlebte Johann Caspar Reichsgraf von Bothmer nicht mehr.

 

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Zentralbereich der Schlossanlage Bothmer

 

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Zum Vergleich: Blick auf das Haupthaus der Schlossanlage ‚Het Loo’ in Apeldoorn

 

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Haupthaus der Schlossanlage Bothmer

 

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Eingänge zu Souterrain und Parterre

Über dem Eingang zum Souterrain sind die römischen Buchstaben MDCCXXVI für das Jahr der Grundsteinlegung der Schlossanlage 1726 in Stein gehauen.

 

 

 Schloss Bothmer im Laufe der Geschichte

Erste Bewohner des Schlosses, das zu den größten Barockanlagen im norddeutschen Raum zählt, waren der Neffe des Johann Caspar Reichsgraf von Bothmar, Hans Caspar Gottfried von Bothmer (1695-1765) und dessen Ehefrau Christine Margarete von Bülow (1708-1786).

Mitglieder der Familie von Bothmer lebten bis 1946 im Schloss, dann erfolgte die Enteignung des Besitzes derer von Bothmer.

1945 wurde die Stadt Klütz und damit auch Schloss Bothmer durch die Amerikaner, dann durch die Engländer und im Juli durch die Sowjetische Armee besetzt.

Im September 1945 wurde in den Gebäuden der Schlossanlage ein Isolierkrankenhaus für Typhuskranke eingerichtet. Von 1946 bis 1948 war auf dem Schlossgelände eine Berufsschule untergebracht. Fast 200 Personen verbrachten von 1948 bis 1994 ihren Lebensabend im „Feierabendheim Clara Zetkin“, in der Schlossanlage Bothmer. 1998 verkaufte der Landkreis Nordwestmecklenburg und die Stadt Klütz Schloss und Park für einen symbolischen Betrag von jeweils einer D-Mark. Nach langem Rechtsstreit erhielten der Landkreis und die Stadt Klütz im April 2006 Schloss und Park zurück. Seit dem 1. Februar 2008 sind Schloss und Park Bothmer Eigentum des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern. Die Betreuung obliegt der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten in Schwerin.

 

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 Niederländische Fliesen des 18. Jahrhunderts

Im Schloss hatten sich bis Juni 2001 in zwei Räumen Reste historischer Fliesenbekleidungen erhalten. In Raum 1102 waren es 538 Amsterdamer Landschafts- und Hirtenfliesen. 546 Harlinger Bibelfliesen waren in Raum 1104 angesetzt.

Der schlechte technische Zustand der Fliesenbekleidungen in beiden Räumen zwang zum Abnehmen der kulturhistorisch so wertvollen Fliesen.

Zum einen lagen Hohlbereiche bis zu 85% zwischen Fliesen und Ansetzmörtel vor. Zum anderen waren Mörtelbette brüchig und deren Haftung am tragenden Untergrund unzureichend.

Im Auftrag der BLB Mecklenburg-Vorpommern wurden die Fliesenwände durch den Restaurator Klaus-Peter Dyroff aus Schmiedeberg / Osterzgebirge eingemessen und dokumentiert. Dann erst wurden die nummerierten Fliesen abgenommen, gesäubert und in Spezialkisten verpackt. Die Fliesen aus Schloss Bothmer sind in Schwerin zwischengelagert und werden im Zuge der Sanierungsarbeiten wieder an den gleichen Stellen angesetzt.

 

Meine Berichte über Amsterdamer Landschafts- und Hirtenfliesen aus Raum 1102 und  Harlinger Bibelfliesen aus Raum 1104 veröffentliche ich in zwei Teilen auf meiner Homepage.

 

Teil 1

Amsterdamer Landschafts- und Hirtenfliesen  
in Schloss Bothmer  

           

 

 

Aufnahmen von Teilbereichen der Wandfläche im Raum 1102

   

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Einige Beispiele von Fliesen der Art ‚ Landschap in cirkel; hoekmotief: ossenkop’
in Originalgröße

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Variationen eines Motivs

Obwohl zur Bemalung der Fliesen Durchstaubschablonen benutzt wurden, ergab sich trotzdem ein gewisser Gestaltungsfreiraum, wie es die folgenden vier Beispiele zeigen.

Erstaunlich sind die Unterschiede in der Intensität der Farbgebung.

 

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 Auflistung der 48 im Objekt vorkommenden unterschiedlichen Darstellungen

                 

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16                                                    17                                                    18

 

                  

19                                                     20                                                    21

 

                 

22                                                     23                                                   24

 

                 

25                                                     26                                                   27

 

                 

28                                                    29                                                   30

 

                 

31                                                    32                                                     33

 

                 

34                                                    35                                                    36

 

                 

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Jan Pluis und Reinhard Stupperich weisen in ihrem Buch ’Mythologische voorstellingen op Nederlandse tegels’ (Leiden 2011) darauf hin, dass es sich bei der Darstellung auf Fliese 48 um Granida und Daifilo handelt. Der Hirte Daifilo kniet vor der persischen Prinzessin Granida.
Pieter Corneliszoon Hofft schrieb 1603 ’Granida’, ein Bühnenstück, dass sehr schnell populär wurde und regelmäßig auf Programmen niederländischer Bühnen anzutreffen war.
Auch berühmte niederländische Maler, wie Gerard van Honthorst und Pieter van der Werff, verewigten die Begegnung des Hirten mit der Prinzessin in ihren Gemälden.

 

 

In welchen Amsterdamer Werkstätten könnten die Fliesen gefertigt worden sein?

De Twee Romeinen, Prinsengracht
ca. 1686-1808
In der Zeit von 1694 bis 1747 war Willem van der Kloet (1666-1747) Besitzer der Werkstatt.
Willem van der Kloet lieferte 1709 Fliesengemälde (6568 Fliesen) mit Darstellungen aus dem Alten Testament für die Kirche Nossa Senhora da Nazaré nach Portugal.
(Siehe den Bericht http://www.geschichte-der-fliese.de/nossa_senhora.html auf meiner Homepage.)

 

D’Oude Prins, Anjeliersstraat
1638-1802
In der Zeit von 1694 bis 1733 war Cornelis van der Kloet (1672-1733) Besitzer der Werkstatt.

 

 

 

Fotonachweis

Den Herren Klaus-Peter Dyroff und Jan Pluis danke ich für die Zurverfügungstellung von Bildmaterial und Genehmigung, dieses auf meiner Homepage zu veröffentlichen.

 

Links

Staatliche Schlösser und Gärten in Mecklenburg-Vorpommern

Das Schloss Bothmer
http://www.mv-schloesser.de/?id=2500%2C%2C1004162%2C

Der Schlosspark
http://www.mv-schloesser.de/?id=2500%2C1004454%2C%2C

Festonallee
http://www.mv-schloesser.de/?id=2500%2C1005003%2C%2C