Besuch des niederländischen Fliesenmuseums in Otterlo

Otterlo, ein Dorf in der Gemeinde Ede in der niederländischen Provinz Gelderland, liegt westlich des Naturparks Hoge Veluwe, zwischen Apeldoorn und Arnheim.

 

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Das Fliesenmuseum startete als Privatsammlung des Architekten Gerrit Feenstra (1890-1985). Er war fasziniert von historischen Fliesenarbeiten in einem Kapitänshaus auf Terschelling, das zum Verkauf stand. Antiquitätenhändler hatten Interesse daran die Fliesen auszubauen und in die USA zu exportieren. Herr Feenstra kaufte das 1740 gebaute Haus und restaurierte es. Die Tatsache, dass historische Fliesenarbeiten sehr oft ausgebaut und als Antiquitäten exportiert wurden, inspirierte ihn eine geschichtlich repräsentative Sammlung aufzubauen, um sie den Niederlanden zu bewahren. Er öffnete 1961 seine Sammlung in wenigen Räumen seines selbst bewohnten Bungalows in Otterlo der Öffentlichkeit. Einige Jahre später wurden Gebäude und Sammlungen in eine Stiftung umgewandelt. Das Museum wurde im Laufe der Jahre erweitert und zeigt heute den größten und vollständigsten Überblick über niederländische Fliesen vom 16. Jahrhundert bis heute. Keramiker und Designer lassen sich noch heute von der Fliese inspirieren. Deshalb werden im Museum regelmäßig Fliesen zeitgenössischer Künstler ausgestellt.

 

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Außenwände des Museums

Wandflächen aus Keramik und Naturstein, 1963 vom Graphiker R.D.E. Oxenaar (1929-2017) für das Finanzamt in Zeist entworfen. Der keramische Teil mit einer Fläche von 26 m2 wurde vom Bildhauer und Keramiker Dick Loef (1924-1983) geschaffen.

Beim Abbruch des Finanzamtes konnten die Wandflächen gerettet werden und wurden nach gründlicher Restaurierung am Fliesenmuseum angesetzt. Man enthüllte die Wandflächen am 3. Juli 2009 im Beisein von Prof. R.D.E. Oxenaar.

 

 

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Foyer mit Kasse und Museumsshop

Der Museumshop bietet ein variiertes und abwechslungsreiches Angebot an Fliesenliteratur, Postkarten, Design und Geschenkartikel. Die meisten Produkte beziehen sich auf den Museumsbesitz.

Die Uhr an der Rückwand wurde ca. 1925 in Utrecht in der Faience- und Fliesenfabrik Westraven gefertigt.

 

 

Digitale Tour

Das Museum bietet eine digitale Tour an. Mit der App 'Tile Stories' erhält man Erklärungen und Hintergrundgeschichten zu ausgestellten Objekten. Man kann die App im App Store oder über Google Play herunterladen.

Für Besucher steht an der Kasse eine begrenzte Anzahl iPods zur Verfügung.

Bei allen Objekten gibt es auch schriftliche Erläuterungen in niederländisch und englisch.

 

 

Saal 1:

Traditionelle Herstellung von Zinnglasurfliesen

 

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Blick auf den Arbeitsplatz eines Fliesenmalers

In Vitrinen werden Materialien und Arbeitsschritte der Herstellung von Zinnglasurfliesen vorgestellt.

 

 

Saal 1:

Wechselausstellungen

 

Zum Zeitpunkt unserer Aufnahmen (22. und 23. September 2020) wurde die Ausstellung "Chinesen uit Makkum" im Museum gezeigt.
Zur Ausstellung erschien das Büchlein "Nederlandse tegels uit de 20ste eeuw met Chinese en Japanse voorstellingen" von Jan Pluis & Min Chen.

 

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Detail der Präsentation "Chinesen uit Makkum"

 

Die Großfliese von Koninklijke Tichelaar Makkum, im Format 198x198x14 mm, zeigt den Krieger Dong Hai Wang Tai Zi.

 

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Vorlagen für den Fliesenmaler im Format 132x132x10 mm mit einer Anzahl Farbproben

 

Links: Lin Hejung (967-1028), ein berühmter chinesischer Dichter.

Mitte: San Taibao (856-908), ein hoher Beamter der Tang-Dynastie.

Rechts: Zhao Yuanshuai, von 526 bis 528 Kaiser der Nördlichen Wie-Dynastie.

 

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Sägemühle, 1808 von Douwe Klazes bei Koninklijke Tichelaar in Makkum gemalt

Das gerahmte Fliesentableau hängt auf einer mit Kinderspielfliesen bekleideten Wand.

 

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Königin Wilhelmina, signiert: Henri Breetvelt

Das Tableau im Format 7x5 Fliesen wurde nach einem Foto aus dem Jahr 1906 in der Société Céramique, Maastricht gefertigt,

 

 

Saal 2:

Fliesendekore aus der Sammlung Dingeman Korf (1906-1982)

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In Felder von jeweils vier bzw. sechs Fliesen kommen die Ornamente zur Geltung

Dingeman Korfs Fliesensammlung wird aus historischer Sicht gezeigt. Die Sammlung bietet einen Überblick über die Entwicklung der Ornamente auf niederländischen Fliesen.

 

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Die Sammlung Korf zeigt den Einfluss fremder Kulturen (Italien, Spanien und China), auf Ornamentik sowie Mode und Leben der Menschen.

 

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Die Fliese wird als Objekt angewandter Kunst und als Spiegelbild der Kultur gezeigt. Die vielseitige Sammlung umfasst mehr als zweihundert Fliesenfelder und Einzelfliesen, hauptsächlich aus dem 17. und 18. Jahrhundert.

 

 

Saal 3

Fliesendekore aus der Sammlung Dingeman Korf (1906-1982)

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Nach rein dekorativen Ornamenten kamen Fliesendekore wie Seewesen, Schiffe, Reiter, Personen und Landschaften in Mode

 

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Landschaften im dreifachen Achteck, 1650-1700

 

 

Saal 4

Internationale Vorläufer und Einflüsse

 

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Blick in den Saal 4

In Schauschränken werden mit Objekten aus dem Orient, Frankreich, Spanien und Italien Einflüsse auf die Fliesenkultur der Niederlande präsentiert.

 

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Narrenköpfe in Relief, Frankreich, ca. 1200-1300?

 

 

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Bodenfliesen des 16. und 17. Jahrhundert

 

Oben: Feld von vier Bodenfliesen mit inkrustiertem Dekor, ca. 1550-1600, aus der Oude Kerk in Delft.
Unten: Feld von vier Bodenfliesen mit inkrustiertem Dekor, ca. 1500, aus der Normandie / Frankreich.

 

 

 

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Glasierte Bodenfläche gebildet aus Quadrate und Sechsecke, Italien, ca. 1470

 

 

Gang zwischen den Sälen 4 und 5

 

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Blumenvase, gefertigt zwischen 1826 und 1848 in der Makkumer Fliesenwerkstatt Tichelaar. Maler: Hendrik Bastiaans de Haan (1799-1848).

 

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Wandfeld hinter einem Kamin aus Fliesen der Art * A.01.03.04 Oranjeblad, ca. 1820

* Buchstabe und Ziffern nehmen Bezug auf das Standardwerk von Jan Pluis, De Nederlandse Tegel - Decors en benamingen, Leiden 2013.

 

 

Saal 5

Sammlung Helene Kröller-Müller
 

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Helene Kröller-Müller (1869-1939) ist bekannt für die große Sammlung moderner Kunst, die sie in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zusammengetragen hat. Es ist viel weniger bekannt, dass sie auch eine Sammlung Keramik aufgebaut hat, darunter eine Reihe niederländischer Wandfliesen. Diese Sammlung wurde erstellt, bevor sie sich auf visuelle Kunst konzentrierte. Sie selbst nannte die Fliesen "einen sehr attraktiven Teil" ihrer Sammlung, in dem "die Entwicklung dieser besonderen Fayencekunst vom Beginn des 17. Jahrhunderts bis zu ihrem Niedergang am Ende des 18. Jahrhunderts verfolgt werden kann".

Ein Teil ihrer Sammlung kann in der eigenen Abteilung des Fliesenmuseums bewundert werden.
Das Fliesenmuseum ist mit dem Kröller-Müller-Museum in Otterlo verbunden.

 

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‚Schouw‘, offener Kamin aus Koudekerk aan den Rijn, Zuid-Holland

 

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Fliese mit floralem Dekor,                                                                           Randfliese,
Iznik (Türkei), ca. 1550-1650                                                                      Iznik (Türkei), ca. 1550-1600

Fragment eines Blumenvasentableaus,                                                        Fragment eines Blumenvasentableaus,
Iznik (Türkei), ca. 1550-1650                                                                      Iznik (Türkei), ca. 1550-1650

 

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Wappenfliese, Italien, ca.1500-1600

 

 

 

 

 

Panther mit menschlichem Kopf,
Fabelwesen, Italien, ca. 1500-1600

 

 

 

 

 

 

 

Dekorfliese, Italien, ca.1600-1650

 

 

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* A.01.03.21 Oranjeappels in een kwartvierpas 1610-1640.

Dieses sich wiederholende Dekor, das zu Beginn des 17. Jahrhunderts sehr beliebt war, kombiniert Elemente aus spanisch-maurischer Tradition und der italienischen Majolika. Das Tableau aus 6x6 Fliesen hing im Wohnzimmer der Eheleute Kröller-Müller im Jagdschloss St. Hubertus, im Norden des Nationalparks Hoge Veluwe, zwischen den Orten Otterlo und Hoenderloo.

 

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‚Zaanse smuiger‘, offener Kamin aus Wormer, Noord-Holland

 

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Hortius Codes,                                                         Prinzessin Anna von Hannover                           Jacobus, der Jüngere
Rotterdam, ca. 1740                                                 Rotterdam, ca. 1750                                            signiert IMG, datiert 1730
 

                                  
                                               Gesellschaft Pfeifenraucher,
                                  
                                               Rotterdam, ca. 1800

 

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Keramikplatte, 352x277x32 mm Frauenkopf von Max Laeuger (1864-1952), Großherzogliche Majolika-Manufaktur Karlsruhe, datiert 1928, Werknummer 1898.

 

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Fliesenkeramik, ca. 1936

Bart van der Leck (1876-1958) schuf die beeindruckenden geometrischen Dekore der zehn Fliesen im Format 125x125x15 mm.

Zwischen 1919 und 1920 entwarf er für die Eheleute Kröller-Müller die Inneneinrichtung des Jagdhauses St. Hubertus im Norden des Nationalparks Hoge Veluwe. Bart van der Leck arbeitete bei mehreren Objekten mit Piet Mondriaan und Theo van Doesburg zusammen.

 

 

Saal 6

Sammlung Manschot-van der Meij und Metzgerei Ruijssenaar

 

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Herdecke

Am Deckenanschluss der Herdstelle Fliesen der Art *A.02.06 Krijgsman. Das Feld im Format 3x4 Fliesen an der Kaminschürze zeigt eine Mühle und einen pflügenden Bauer. In das Fliesentableau (1850-1900) ist ein Textfeld integriert. Das Feld hinter dem Ofen besteht aus Fliesen der Art *A.05.08.34 Grote bloempot in cirkel met meanders.

 

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Fliesentableaus mit Bezügen zu Kindheid und Schule

 

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Gegenüberstellung von Unterricht im 17. und 20. Jahrhundert

Die Tableaus wurden ca. 1923 in der Plateelbakkerij Delft in Hilversum gefertigt.

 

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Thekenbereich der Metzgerei Ruijssenaar

 

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Fischhandel

 

 

Saal 7

Judith Laqueur und der Glückliche Elefant

 

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L’ELEFANTE FELICE (Der glückliche Elefant), ein keramisches Kunstwerk von Judith Laqueur-Révész (1915-2018), das fast fünfzig Jahre den Giebel des Ferienhauses von Königin Juliana und Prinz Bernhard in Porto Ercole auf der Halbinsel Monte Argentario am Südrand der Toskana zierte.

Nach Abbruch des Hauses kam das 1960 geschaffene Kunstwerk 2012 zurück in die Niederlande und nach Restaurierung ins Fliesenmuseum nach Otterlo.

 

 

Saal 9

Fliesentableaus und keramische Objekte vom 1908 in Aerdenhout gebauten Haus Kareol, gefertigt durch Max Laeuger (1864-1952).
Haus Kareol wurde 1979 abgebrochen.

 

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Zwischen Pfau und keramischem Objekt Fotos von Haus Kareol und Erläuterungen

 

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Tableau und Foto vom früheren Platz an der Fassade des Hauses Kareol

 

 

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Saal 9

Musik, signiert durch Georg Sturm (1855-1923),
Fayencewerkstatt De Distel ca. 1905 in Amsterdam.

Georg Sturm entwarf alle Fliesengemälde am Rijksmuseum Amsterdam, die bei Villeroy & Boch in Mettlach gefertigt wurden.

http://www.geschichte-der-fliese.de/rijksmuseum.html

 

 

Saal 10

Friktions-Fliesenpresse und Fliesentableaus zu Firmenjubiläen

 

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Friktions-Fliesenpresse
Maschinenfabrik Müller Tegelen

 

Die Fliesenfabrik Westraven in Utrecht kaufte 1922 diese Presse, um unter hohem Druck aus getrocknetem und pulverisiertem Ton Fliesen zu formen. Diese Methode wurde auch verwendet, um Fliesen mit Linienrelief (Cloisonnè) herzustellen. Mit dieser Presse, die bis 1970 in Gebrauch war, konnten täglich etwa 5000 Fliesen hergestellt werden.

 

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Blick in den Saal 10

 

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Tableau, zum 10jährigen Jubiläum des Algemeene Nederlandsche Zuivelbond, von der Plateelbakkerij Rozenburg in Den Haag gefertigt.

Entwerfer war Professor Karel Sluyterman, Lehrer an der Technischen Hochschule in Delft.

Die Abmessungen der Platte mit 95x65 cm sind ungewöhnlich.

Der Maler Jacob Brouwer arbeitete fast drei Wochen an diesem Tableau.

 

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Dame mit Lilie

Das Fliesentableau wurde um 1900 bei Mintons China Works in Stoke-on-Trent im Auftrag vom Tegelhandel A.M.A. Heystee Amsterdam gefertigt. Entwerfer war Léon Victor Solon (1873-1957).

 

 

Saal 11

Keramiker 1950 - heute (u.a. Maurits Escher und Karel Appel)

 

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Blick in den Saal 11

 

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Vögel und Fische

 

Maurits Escher (1898-1972) entwarf diese Fliesendekoration für den Gibel eines Hauses in Amsterdam. Die Arbeit wurde 1960 bei der Koninklijke Porceleyne Fles in Delft in Cloisonné-Technik ausgeführt.

Bei dieser Techik werden die Linien erhaben gestaltet, die tieferliegenden Flächen mit schwarzer und weißer Glasur gefüllt.

 

 

Saal 12

Fliesentableaus aus Ladenlokalen der Firma De Gruyter

De Gruyter war eine Warenhauskette im 19. und 20. Jahrhundert bis 1976.

 

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Fliesenfeld aus einem De Gruyter – Ladenlokal in Utrecht

Das Fliesentableau wurde um 1930 von der Plateelbakkerij Zuid - Holland in Gouda gefertigt.

 

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LENTE - FRÜHLING
Fliesenfeld aus einem De Gruyter – Ladenlokal in Rotterdam

Fayence en Tegelfabriek Holland, Utrecht um 1900-1915.

 

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OOGST – ERNTE, ca. 1916
Plateelbakkerij ‚Zuid-Holland‘, Gouda.

Das Tableau stammt aus einem früheren Ladenlokal von De Gruyter in Enschede. Das Thema ‚OOGST‘ wird durch eine Traubenpflückerin dargestellt.

 

 

Zusammenfassung

Im Nederlands Tegelmuseum gibt es für Freunde von Fliesenkeramik und Dessin viel zu sehen. Fahren Sie hin und nehmen sich Zeit.
Zu empfehlen ist eine Kombination von Besuchen des Fliesenmuseums und dem Kröller-Müller-Museum mit europas größtem Skulpturengarten.

 

 

Fotonachweis

Nederlands Tegelmuseum 03/04/24/32/39/45 und 47

Norbert und Wilhelm Joliet (22. und 23. 09.2020) alle anderen Fotos

 

 

Benutzte Literatur

Jan Pluis, De Nederlandse Tegel – Decors en benamingen – 1570-1930, Leiden 2013

Jan Pluis, Nederlandse Tegels 1900 – 2000, Leiden 2008

Jan Pluis & Min Chen, Nederlandse tegels uit de 20ste eeuw met Chinese en Japanse voorstellingen, Leiden 2020

Jaarboekje Tegel (1971-2020)

Arend Jan Gierveld, Johan A. Kamermans en Ger J.M. de Ree, Stil verzameld: tegels ui de collectie Manschot-van der Meij, Nederlands Tegelmuseum, 2004

Wikipedia

 

 

Danksagung

Der Direktion des Fliesenmuseums danke ich für die Erlaubnis, im Museum fotografieren und die Fotos im Internet veröffentlichen zu dürfen.

Meinem Sohn Norbert danke ich für seine Fotodokumentation, die Bearbeitung und Veröffentlichung des Berichtes.

 

 

Nederlands Tegelmuseum, Eikenzoom 12, 6731 BH Otterlo

www.nederlandstegelmuseum.nl

www.vriendennederlandstegelmuseum.nl

 

Kröller-Müller Museum, Houtkampweg 6, 6731 AW Otterlo

www.krollermuller.nl/de