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      Wilhelm Joliet |  | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
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 GESCHICHTE DER 
	SERVAIS-WERKE WITTERSCHLICK Witterschlick liegt in unmittelbarer Nähe der Stadt Bonn am 
	südlichen Ende des Vorgebirges im Nordrhein-Westfälischen Rhein-Siegkreis. 
	Seit Jahrhunderten wurde in der Gegend Ton abgebaut. In und um Witterschlick 
	entstanden Ziegeleien und Töpfereien. Man griff auf relativ nah unter der 
	Oberfläche liegende helle Tonschichten zurück. Durch Zufall stießen die Brüder Johann und Joseph Braun im Jahre 
	1880 beim Bau eines Brunnens in Volmershoven, einem Ortsteil von 
	Witterschlick, auf  blau-grau gefärbten Ton. Dieser war fester in der 
	Konsistenz als der Ton aus höher gelegenen Schichten. Sie ließen 
	Materialproben in der „Porzellan- und Steingutfabrik Ludwig Wessel“ in 
	Bonn-Poppelsdorf prüfen. Das Ergebnis: Es handelte sich um wertvollen 
	Blauton. Dieser zeichnet sich durch einen hohen Schmelzpunkt aus und ist zur 
	Herstellung feuerfester Produkte geeignet. Nach der Entdeckung wertvoller 
	Tonmineralvorkommen wurde Witterschlick industrialisiert.
 Mit Philipp Lamberty und Bernhard Ferring hatte Paul Servais schon 
	1877 die Firma ‚Lamberty, Servais & Cie‘ zur Herstellung von Flurplatten, 
	Trottoirsteinen, Röhren und feuerfestem Material in Ehrang bei Trier 
	gegründet. 
 Am 3. Oktober 1889 wurde in Witterschlick bei Bonn das Unternehmen 
	‚Thonwerke Witterschlick, Servais & Co‘ gegründet. Inhaber des Unternehmens waren: 1.      
	Paul Servais, Kaufmann aus Ehrang 2.      
	Ernst Servais, Kaufmann aus Kürenz bei Trier 3.      
	Peter Ludwig, Kaufmann aus Lützel bei Koblenz 4.      
	Hubert Capitain, Kaufmann aus Vallendar bei Koblenz 5.      
	Xavier de Saint Hubert, Kaufmann aus Luxemburg 6.      
	Eduard Grach, Privatier aus Trier 7.      
	Julius Collart, Hüttenbesitzer aus Steinfort (Luxemburg); 
	Schwiegervater von Paul Servais, eingetreten 1890 8.      
	Alphons Majerus, Notar in Mondorf-les-Bains, Luxemburg, Schwager von 
	Paul Servais, eingetreten 1891 Der Standort war wegen der nahen Ton- und Quarzvorkommen aber auch 
	wegen der Nähe zu rheinischen Großstädten gut gewählt. Nach Direktor Konrad Schimm 1888-1895, folgten die Direktoren Fritz 
	Grasse 1895-1896, Emil Stege 1896-1898 und Max Georg Villaret 1898-1915. Die Werke in Ehrang und Witterschlick fusionierten am 23. Juli 1902 
	zur Aktiengesellschaft ‚Vereinigte Servais-Werke Ehrang-Witterschlick‘. Es 
	wurden Verblendsteine, unglasierte und glasierte Terrakotten und feuerfeste 
	Steine produziert. Vorstandsmitglieder waren Paul Servais und Xaver de Saint 
	Hubert. In eigenen Gruben baute man im Gebiet von Witterschlick Ton für die 
	eigene Produktion aber auch zum Vertrieb ab.  Ein Feuer zerstörte 1904 das Werk in Witterschlick vollständig. Es 
	wurde bis 1905 wieder aufgebaut und durch einen Produktionszweig zur 
	Herstellung von glasierten Wandplatten erweitert. Auf der Weltausstellung Brüssel errang das ‚Thonwerk Witterschlick 
	Servais & Cie‘ 1912 einen Ehrenpreis. 
	 In den Jahren 1910-1912 wurden einige Bereiche wegen gestiegener 
	Nachfrage modernisiert und erweitert. Mit Ausbruch des 1. Weltkrieges 
	veränderte sich die Produktion. Es stieg die Nachfrage nach feuerfesten 
	Produkten für die Rüstungsindustrie. Die Kapazität wurde 1915 durch den Kauf 
	einer weiteren Tongrube und die Fertigung feuerfester Produkte in einem 
	Zweigwerk in Hangelar erweitert. Direktor war (?) Görtz von 1915-1930. Ab 1918, dem Ende des 1. Weltkrieges sank die Nachfrage nach 
	feuerfesten Schamotteprodukten. Im Werk Witterschlick wandte man sich 
	deshalb wieder der Plattenproduktion zu (Anmerkung: Damals wurde die heutige 
	Fliese noch als Platte bezeichnet). Den Schwerpunkt legte man auf die 
	Herstellung glasierter Wandfliesen. Nachgefragt waren vor allem uni weiße 
	und elfenbeinfarbene Fliesen. Majolikafliesen, mit durchscheinender 
	Bleiglasur, vergrößerten ihren Marktanteil. Die Werke in Ehrang bei Trier schieden 1921 aus dem Verband mit 
	Witterschlick aus und gingen in die ‚Vereinigte Mosaik- und Wandplatten AG 
	Friedland-Sinzig‘ über. Witterschlick war Sitz der verbliebenen ‚Servais 
	AG‘. Das Werk in Hangelar nahm 1927 die Herstellung von Fußbodenklinker 
	auf. Diese ‚Servais-Stahlklinker‘ wurden im Laufe der Zeit zum weltbekannten 
	keramischen Produkt. Franz Servais war von 1930 bis 1942 Direktor der Servais AG. 
 Mitglieder der Familie Servais verkauften 1939 66% ihres Anteils an 
	der Servais AG an die Wesselwerk GmbH in Bonn. Für die Zeit bis 1945 fehlen Daten und Fakten der Servais-Werke, da 
	das Werk in Witterschlick gegen Ende des 2. Weltkrieges bei einem 
	Bombenangriff fast völlig zerstört wurde. Bekannt ist, dass Franz Lechner 
	von 1942 bis 1944 Direktor des Werkes war und Willy Haas die Direktion 1944 
	übernahm. Englische Besatzungssoldaten nahmen Quartier im vom Bombenangriff 
	weitgehend verschonten Verwaltungsgebäude. Im Jahr 1946 begann in neu erbauten Werkshallen die Produktion von 
	Dachziegeln, einem keramischen Material, das zur Beseitigung von 
	Kriegsschäden und ersten Neubauten dringend benötigt wurde. Ein weiterer 
	wichtiger Zweig war die Fertigung von Isolatoren und anderen 
	Isolationselementen aus Elektroporzellan. Bis zur Gründung der Bundesrepublik und der DDR 1949 war 
	Deutschland in Besatzungszonen aufgeteilt. Diese behinderten wirtschaftliche 
	Aktivitäten. In der Zeit des Wiederaufbaus wurden Baunormen (DIN-Normen) 
	verfasst, um Erfahrungen und Erkenntnisse unter Mitarbeit von einschlägigen 
	Erzeugerkreisen, der Bauaufsicht, der Materialprüfung und der interessierten 
	Abnehmerseite zusammenzufassen. In diesen ‚Normvorschriften‘ wurde - und 
	wird - der jeweils höchste technische Stand festgehalten. Die Fliese im deutschen Normenwerk (Stand 1952) Normen der keramischen Fliese DIN 18155 Keramische Wand- und Bodenfliesen DIN 12912 Fliesen für Labortische DIN 18352 Fliesen- und Plattenarbeiten; ATV – Teil C/VOB Normen der Prüfverfahren DIN 1065       Prüfverfahren für 
	feuerfeste Baustoffe; spezifisches Gewicht, Raumgewicht, 
	Wasseraufnahmevermögen, Porosität DIN 51090     Prüfung keramischer Roh- und 
	Werkstoffe; Biegeversuch an Bauteilen für Wand- und Bodenbeläge DIN 51091     Bestimmung der Säure- und 
	Laugenbeständigkeit von unglasierten Fliesen und Platten für Wand- und 
	Bodenbeläge DIN 51092     Bestimmung der Säure- und 
	Laugenbeständigkeit von glasierten Fliesen und Platten für Wand- und 
	Bodenbeläge DIN 51093     Bestimmung der 
	Temperaturwechselbeständigkeit von Fliesen und Platten für Wand- und 
	Bodenbeläge DIN 51094     
	Bestimmung der Lichtechtheit der Färbung von Fliesen und Platten für Wand- 
	und Bodenbeläge 
	 1952 – Blick vom 
	Hardtberg auf Witterschlick und die Servais-Werke AG Bild aus der Sammlung Karl-Heinz Krein, 
	Witterschlick: veröffentlicht in Trenkle, Klaus, Bilder von Witterschlick – 
	1050 Jahre Ortsgeschichte, Beiträge zur Geschichte von Witterschlick, Heft 
	Nr. 20, Witterschlick 2015. 
	 
 
	 
	
	Der Fachverband der Keramischen Wand- und Bodenfliesen-Industrie schaltete 
	im Fliesen-Taschenbuch 1954 die folgende Reklame: 
	 
	
	
	 
	 
	
	Geschäftsführer des Fachverbandes der Keramischen Wand- und 
	Bodenfliesen-Industrie war Dr. rer. pol. Erich Hückstädt. 
	
	Die Zeit des Wiederaufbaus und Wirtschaftswunders nahm ihren Anfang. 
	Keramische Fliesen begannen einen Siegeszug. In 
	15 Werken Westdeutschlands sind im Jahre 1953 fast 7,5 Millionen 
	Quadratmeter Wandfliesen 
	
	und etwa 4,5 Millionen Quadratmeter Bodenfliesen hergestellt worden. 
	Gegenüber 1949 bedeutete dies bei Wandfliesen eine Verdoppelung der 
	Produktion. Bei Bodenfliesen betrug die Steigerung gegenüber 1949 fast das 
	2,5fache. Hierbei ist zu beachten, daß sich die Gesamtzahlen ausschließlich 
	auf die feinkeramischen Erzeugnisse Wand- und Bodenfliesen bezogen und nicht 
	etwa grobkeramische Produkte wie Klinkerplatten, Spaltverblender u. a. 
	einschlossen. 
	
	Voraussetzungen für 
	diese Fortschritte waren tiefgreifende Rationalisierungen in den Betrieben, 
	angefangen von Verbesserungen technischer Einzelvorgänge bis zu 
	grundsätzlichen Umstellungen im Brennprozeß, wobei der allgemeine Übergang 
	zum Tunnelofen besonders hervorzuheben ist. 
	
	Es gab gute Kontakte zwischen der Fliesen produzierenden Industrie und dem 
	Fliesen verarbeitenden Gewerbe. 
	
	Das Fliesen- und Plattenverlegegewerbe nahm innerhalb der Bauberufe sowohl 
	hinsichtlich der Zahl der Betriebe, wie auch des Umfanges seiner Leistung 
	einen besonderen Platz ein. 
	
	Den Vorsitz der Bundesfachgruppe im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes 
	e.V. führte 
	Fliesenlegermeister August Kurlbaum, Bonn. Über die ihm angeschlossenen 16 
	Landesfachgruppen betreute die Bundesorganisation rund 1700 Fliesen- und 
	Plattenverlegebetriebe mit über 15000 Beschäftigten. Die Zahl der Lehrlinge 
	erreichte 1750. Der Bundesfachgruppe Fliesen- und Plattenverlegegewerbe 
	gehörten weitaus alle Fachgeschäfte und Verlegebetriebe des Fliesengewerbes 
	im Bundesgebiet an, die ihrer Struktur nach neben dem Fliesenhandel in der 
	Hauptsache Fliesen- und Plattenverlegearbeiten ausführten. 
	
	Die Servais-Werke, mit ihrem langjährigen Direktor Willy Haas, lieferten 
	Fliesen vor allem ins Rheinland, ins Ruhrgebiet und in die Gegend um 
	Frankfurt. Voraussetzungen für die Aufwärtsentwicklung der Witterschlicker 
	Servais-Werke in nie geahnter Größe waren geschaffen. Die Produktion 
	hatte sich im Jahre 1955 gegenüber den Jahren vor dem 2. Weltkrieg 
	vervielfacht und die Belegschaft sich auf rund 600 Mitarbeiter verdoppelt. 
	
	In Witterschlick wurden ab 1954 flammglasierte Servais-Stahlklinker 
	hergestellt. Im Fabrikationsprogramm waren Stahlklinker im Format 20/10/1,5 
	cm in sieben verschiedenen Farben, Treppenklinker mit und ohne Profil im 
	Format 30/10/2,5 cm und Klinker mit Ablaufnase für Fensterabdeckungen im 
	Format 25/12/2,5 cm.
	
	
	Dazu waren laut Sonderprospekt weiterhin lieferbar Servais-Stahlklinker 
	rotbraun und rotbunt als Sechseck, Spitzklinker, Klinker mit trittsicheren 
	Nocken, Klinker mit Netzprofil, Klinkerriemchen, Treppenklinker mit und ohne 
	Profil, Klinker mit Ablaufnase für Fensterabdeckungen sowie Hohlkehlsockel 
	mit und ohne Fase. 
	 
	
	
	 
	 
	
	Der Bauboom ließ die Preise für Baumaterial unaufhörlich steigen. Um den 
	Preisanstieg einzudämmen, wurden entsprechende Einfuhrzölle abgeschafft. 
	Durch importierte Waren wurde das Angebot erhöht und Preise gesenkt. 
	Betroffen waren auch die deutschen Fliesenhersteller. Italienische 
	Fliesenwerke verdoppelten ihre Exporte nach Deutschland innerhalb von zwei 
	Jahren, mit dem Ergebnis, dass die Marktpreise rapide sanken. 
	 
 
	 
 
	 
	
	Im Aufschwung der Nachkriegszeit erlebte das Heimwerken den großen Boom. 
	Unter dem Motto ‚Selbst ist der Mann’ erschien am 1. November 1957 das erste 
	Heimwerkermagazin. 
	
	Am 09.10.1959 starb der allseits beliebte Willy Haas, Direktor in 
	Witterschlick seit 1944. 
	 
 
	 
	
	Die deutschen Hersteller, darunter auch die Servais-Werke Witterschlick, 
	verkauften nur über den Fliesenhandel und überließen das Geschäft mit den 
	Baumärkten der ausländischen Konkurrenz. Zudem 
	war die ausländische Konkurrenz mittlerweile aufgrund modernerer 
	Fertigungsmethoden in der Lage, deutlich günstiger zu produzieren als die 
	inländischen Hersteller. Die goldenen Zeiten der deutschen Fliese waren 
	vorbei. Mancher Hersteller keramischer Produkte blieb auf der Strecke, 
	Standorte wurden aufgegeben und mit Fusionen versuchten sich Werke zu 
	sanieren. 
	
	Peter Weber und Rudolf Mezger wurden 1964 in den Vorstand berufen. 
	
	Die Servais Werke AG in Witterschlick behauptete sich am Markt. Ein 
	Wandfliesen-Fabrikations-Programm vom Februar 1965 zeugt von deren 
	Leistungsfähigkeit. Es wurden Wandfliesen im Normalformat 15x15 cm, 
	Refo-Spezialformat 10,8x21,8 cm und Großformat 15x30 cm angeboten. 
	 
	
	
	 Die Färbung keramischer Glasuren wurde in der Regel durch geringe Beimengungen von Metallverbindungen erzeugt. Ab den 70 er Jahren wurde in der Wandfliesen-Produktion die Färbung der Glasuren jedoch ausschließlich durch die Zugabe von Farbkörpern erzielt. Das sind stabile unlösliche anorganische Farbpulver, die aus der Verbindung verschiedener Metallverbindungen mit anderen Rohstoffen wie Tonerde, Quarz oder Zink bei sehr hohen Temperaturen gebrannt, anschließend feingemahlen und den Glasuren zugegeben werden. So ergeben Mischungen aus Kobalt, Tonerde und Zink hellblaue bis tiefblaue, Mischungen aus Eisen, Kalk, und Zink rosa bis eisenrote und Mischungen aus Zinn und Chrom lila Farbpigmente. 
	 
	 
	 
	 
	 
	
	
	 
	
	Zu den aufgeführten Farben waren neben den Normalfliesen (Viereck, Abdeck, 
	Ecken) Baderaumteile lieferbar. 
	 
 
	 
 
	
	1967 starb Konsul Wilhelm Wessel. Dr. A.M. Kugelmeier übernahm den Vorsitz 
	des Aufsichtsrates. Hauptaktionär wurde der mit der Tochter von Konsul 
	Wilhelm Wessel verheiratete Dr. Nikolaus Fasolt. 
	 
	
	Die Servais-Werke AG in Witterschlick und die Wessel-Werk GmbH in Bonn 
	brachten parallel Achat-Fliesen auf den Markt. Beide Werke händigten 
	Fliesenhandel und Fliesenhandwerk u.a. Prospekte für Achat-Fliesen aus. 
 
	
	Zu den Steingutwandfliesen lieferte die Servais AG Baderaumteile in allen 
	Glasurfarben. 
	
	
	 
	
	
	 
	
	
	 
	
	Noch in den 60er Jahren gab es nur in jedem dritten Haushalt ein Badezimmer. 
	Die üblichen Farben der Wandfliesen in diesen Bädern waren Blau, Grün und 
	Rosa und das Format der Fliesen 15x15 cm. Fliesen wurden verarbeitet, weil 
	sie als zweckmäßig, hygienisch, zeitlos schön und unbegrenzt haltbar galten. 
	
	In den 70er Jahren wurde das eigene Badezimmer zur Normalität. Bauherren 
	machten von der Vielfalt angebotener Glasurfarben Gebrauch. Neben 
	Zweckmäßigkeit und Hygiene trat nun die Optik in den Vordergrund. Dazu 
	gehörte auch die teilweise Abkehr vom gängigen Format 15x15 cm der Fliesen 
	zum Format 10,8x10,8 cm, dem Refo-Format 10,8x21,8 und zum Großformat 15x30 
	cm. Dieser Trend half der deutschen keramischen Industrie aus einer 
	kurzfristigen Marktsättigung. 
	 
	
	
	 
	
	Servais-Werke AG um 1970 
	
	Bild aus der Sammlung Karl-Heinz Krein, Witterschlick 
	 
	
	1970 bestand der Vorstand der Servais AG aus Dr. Nikolaus Fasolt und den 
	Direktoren Rudolf Mezger und Peter Weber. 
	 
	
	
	 
	
	Prospekt Juni 1971, Seite 1 
	 
	
	
	 
	
	Prospekt Juni 1971, Seite 2 
	 
 
	 
 
	
	Die Badezimmer der 70er Jahre wurden immer bunter. Nicht nur die farbigen 
	Glasuren der Fliesen, sondern vor allem die farbigen Sanitäreinrichtungen 
	prägten das Bild. 
	
	Sanitärfarben trugen die Bezeichnungen bahamabeige, balibraun, carneol, 
	indischelfenbein, kalaharigelb, kaschmirbeige, moosgrün und sorrentoblau. 
	
	Für Werbefotos stellten die KERAMAG AG und die Ideal Standard GmbH der 
	Servais-Werke AG ihre Sanitär-Keramik zur Verfügung. 
	 
	 
	 
	 
	 
	 
 
	 
 
	
	Von der Servais-Werke AG wurden Fliesenhandel und Verlegebetrieben neben 
	aussagekräftigem Prospektmaterial gegen Kostenerstattung Musterschränke in 
	verschiedenen Größen zur Verfügung gestellt. Beliebt waren halbhohe Schränke 
	mit vierzehn waagerechten Schiebetafeln. Die Tafeln hatten Griffe, welche 
	ein Aufhängen an der Wand ermöglichten. Es konnten auch zusätzliche 
	Aufstellkonsolen (siehe Abb.) geliefert werden. 
	 
	 
	 
	
	
	 
	 
	
	Die Servais-Werke AG fertigte in ihrem Werk I in Alfter-Witterschlick 
	Steingutfliesen nach DIN 18155 in den Formaten 15x15 cm, 10,8x10,8 cm und 
	9,8x19,8 cm, dazu Waprotect-Trennwände und Fliesen-Fix-Tafeln. Es war eine 
	große Produktpalette mit mehr als 300 verschiedenen Dessins, Strukturen, 
	Farben und Glasuren.
	
	Im Werk II wurden Servais-Bodenklinker und im Werk III feuerfeste Tone und 
	Schamotte produziert. 
	
	Man versuchte, jede Nische auf dem keramischen Markt zu bedienen. 1976 
	stellte man 47 Millionen Quadratmeter Steingutfliesen her. 
	
	1977 wurde 75jähriges Bestehen der Servais AG gefeiert. Vorstand der 
	Servais-Werke AG war Dr. Nikolaus Fasolt, gleichzeitig Chef der 
	Wessel-Servais-Gruppe. Seine Stellvertreter waren Peter Weber 
	(kaufmännischer Direktor) und Artur Mocker (technischer Direktor). Es wurden 
	etwa 900 Personen in Fabrikation und Verwaltung beschäftigt. 
	
	Trotz aller Bemühungen sah man sich Mitte der 80er Jahre zu Fusionen 
	gezwungen.
	
	Es kam zum Zusammenschluß der
	 
	
	Die AGROB aus Ismaning, seit Anfang der 70er Jahre das modernste 
	Wandfliesenwerk Europas, kaufte die Anteile der Wessel-Werke in Bonn und der 
	Servais-Werke in Witterschlick. Ab 1984 firmierte dieser Verbund als AGROB 
	WESSEL SERVAIS AG. 
	
	
	 
	 
	
	Die Fliesen der AWS wurden Anfang der 90er Jahre wieder heller. Farbige 
	Sanitär-Keramik verlor ihren Stellenwert in deutschen Bädern. Dafür wurden 
	Bordüren dominierende Elemente. 
	 
	
	
	 
	 
 
	 
	
	1990 brachte die AWS die Serie ‚Capitol‘ auf den Markt. Durch eine neue 
	Technik (Nass in Nass - Auftrag der Glasur) erzielte man eine Marmoroptik. 
	Jede Fliese unterschied sich in der Struktur der Glasur von den anderen aus 
	gleicher Charge. Siebdruckbedingte Aneinanderreihung gleicher Motive wurde 
	damit überwunden. Jede Fliese war ein Unikat.
	
	
	Auch die Entwicklung in der Drucktechnik vom Siebdruck über den Offsetdruck 
	bis hin zur digitalen Oberflächengestaltung veränderte die optische 
	Gestaltung der Wand- und Bodenfliese. 
	
	Mittlerweile drängten neben europäischer Konkurrenz auch Fliesenwerke aus 
	Fernost auf den deutschen Markt. Die AWS AG kämpfte trotz hervorragendem 
	Design und technischer Innovation vergeblich um erforderliche Marktanteile. 
	
	1992 fusionierte die AWS AG mit der 
	Deutschen Steinzeug Cremer und Breuer AG aus Frechen.
	 
	
	2009 beschäftigte der Konzern 1605 Personen, davon etwa 350 in Produktion 
	und Verwaltung in Alfter-Witterschlick. 
	
	Die Deutsche Steinzeug Cremer und Breuer AG entwickelte sich zu einem 
	weltweit führenden Hersteller im Bereich keramischer Fliesen. 
	 
	 
	 
	 
 
 
	
	Was wird im Jahr 2021 im Werk Witterschlick produziert? 
	
	„Im 
	Werk Witterschlick werden in 4 Rollenöfen ausschließlich Steingutfliesen 
	gefertigt. Die Formatpalette umfasst traditionelle Abmessungen wie 15x15, 
	15x30 und 20x20 genauso wie die Großformate 30x60, 30x90, 25x75 und 35x 100 
	cm, um nur die wichtigsten zu nennen. Seit dem Jahr 2020 fertigt das 
	Unternehmen an diesem Standort auch Steingutfliesen in den Formaten 30x60 
	und 30 x90 cm, die mit nur sechs Millimeter Stärke deutlich dünner und 
	leichter sind als herkömmliche Erzeugnisse dieser Produktgattung.“ 
	 
 
	 
	
	Scan aus dem Lieferprogramm Deutsche Steinzeug 2020, Living 10.22 
	 
 
	
	Die Wandfliesen haben gerundete, geschliffene Kanten. 
	 
	 
	 
	 
 
	 
	
	Scan aus dem Lieferprogramm Deutsche Steinzeug 2020, Living 10.52 
	 
	
	„Ein großer Anteil der produzierten Fliesen wird mit einer 
	photokatalytischen Veredelung versehen,
	die bereits im Werk 
	dauerhaft eingebrannt wird. Unter der Bezeichnung ‚Hytect‘ 
	werden die mit dieser innovativen Lösung versehenen Produkte als ‚Hygienefliesen‘ 
	beworben.“ 
	 
 
	 
	
	Benutzte Literatur 
	
	Fliesen-Taschenbücher 1954, 1957, 1959 und 1961. 
	
	Trenkle, Klaus, Beiträge zur 
	Geschichte von Witterschlick, Heft Nr. 20, Witterschlick 2015 
	
	Blum, Hans-Joachim, Fliesen aus 
	Witterschlick, Witterschlick 2017 
	
	Deutsche Steinzeug Lieferprogramm 2020 
	
	Wikipedia 
	 
	
	Danksagung 
	
	Meinen ehemaligen Meisterschülern Markus Austermann und Ralf Sädler danke 
	ich für ihre Zurverfügungstellung von historischem Prospektmaterial. 
	
	Herr Hans-Joachim Blum schickte mir seine Veröffentlichung als PDF und 
	erlaubte mir, daraus Daten und Fakten in meinen Bericht zu übernehmen. 
	
	Herrn Werner Ziegelmeier danke ich für mannigfaltige Hilfe. 
	
	Herr Dr. Klaus Trenkle genehmigte mir die Übernahme von einigen Daten und 
	Fakten, vor allem aber von Bildmaterial aus seiner Veröffentlichung 
	‚Beiträge zur Geschichte von Witterschlick‘. 
	
	Meinem Sohn Norbert danke ich für die Bearbeitung und Veröffentlichung des 
	Berichtes. 
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