Kultur- und architekturgeschichtlich wertvolle Mettlacher Mosaikplatten
in der Kirche O.L. Vrouw ten Hemelopneming, Vianen
, Niederlande

 

 

 

 

 

 

 

Vianen war eine niederländische Gemeinde in der Provinz Utrecht. Zur Gemeinde gehörten die Städte Vianen und Hagestein sowie die Dörfer Everdingen und Zijderveld.

Zum 1. Januar 2019 wurde Vianen mit Leerdam und Zederik zur neu gebildeten Gemeinde Vijfherenlanden zusammengelegt.

 

 

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Die O.L. Vrouw ten Hemelopnemingkerk ist eine römisch-katholische Pfarrkirche in der niederländischen Stadt Vianen.
Die 1877 – 1879 erbaute dreischiffige neugotische Hallenkirche ohne Turm wurde von Alfred Tepe entworfen und ersetzte eine ältere Kirche an derselben Stelle.
Seit dem 1. Januar 2011 gehört die Kirche zur Pfarrei der Heiligen Dreifaltigkeit, zu der auch Everdingen und Leerdam gehören. Die Kirche ist in die Denkmalliste als Nr. 520869 eingetragen.

 

 

 

 

Geschichte der Kirchengemeinde

Bis zur Reformation war die Grote Kerk von Vianen wie alle Kirchen in Westeuropa katholisch. Diejenigen, die sich nicht zur römisch-katholischen Kirche bekannten, wurden als Ketzer bestraft.
Im Jahr 1566 kam die Reformation nach Vianen. Zwanzig Jahre später wurde die Kirche von der Regierung der reformierten Gemeinde für den Gottesdienst zur Verfügung gestellt. Der Katholizismus war gesetzlich verboten. Die Katholiken suchten Zuflucht in Hauskirchen.
Nach dem Münsteraner Frieden von 1648 gab es mehr Toleranz. 1652 gründeten Jesuiten eine Hauskirche in der Voorstraat. Als der Jesuitenorden 1730 aus den Niederlanden verbannt wurde, übernahmen weltliche Priester die religiöse Betreuung der unterdrückten Katholiken.
Während der französischen Zeit wurde die Religionsfreiheit in den Niederlanden wieder eingeführt. Katholiken hatten nun die Möglichkeit, Kirchen zu bauen. In Vianen wurde 1807 eine neue Kirche gebaut.
In der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts wurde diese Kirche für die wachsende Gemeinde zu klein. Darüber hinaus war die Kirche renovierungsbedürftig. Es wurde beschlossen, eine neugotische Kirche bauen zu lassen.
Der Utrechter Architekt Wilhelm Victor Alfred Tepe (1840-1920) wurde 1877 auf Empfehlung von Erzbischof Msgr. A.I. Schaepman kontaktiert, um einen Entwurf für die neue Kirche zu erarbeiten. Dieser stellte den Entwurf einer Kirche in Kreuzform vor. Pastor E.G. Geerdink wünschte aber eine dreischiffige Hallenkirche. Architekt Tepe ließ sich ohne viel Mühe zu dieser Form der Kirche überreden. Nach erzbischöflicher Genehmigung der Pläne wurde am 24. Dezember 1877 mit dem Bau der Kirche begonnen.
Alfred Tepe und Friedrich Mengelberg (der das Interieur entwarf) waren Mitglieder der St. Bernulphus-Gilde, einer Vereinigung, die eine Wiederbelebung der Rheinischen Gotik für den katholischen Kirchenbau in den Niederlanden förderte. Die Kirche von Vianen wurde daher ganz im Geiste dieser Gilde gebaut und ausgestattet.
Am 1. Juli 1879 weihte Erzbischof Msgr. A.I. Schaepman die Kirche.

 

Architekt

 

Wilhelm Victor Alfred Tepe (* 1840 in Amsterdam - † 1920 in Düsseldorf), ein niederländischer Architekt, neben Pierre Cuypers der bedeutendste Architekt der Neugotik in den Niederlanden.

Von 1865 bis 1867 arbeitete Tepe in Köln für einen der wichtigsten deutschen Architekten der Neugotik, Vincenz Statz. So war er auch an der Restauration des Kölner Doms beteiligt.

1867 kehrte Tepe nach Amsterdam zurück, wo er bei einem Architekten namens Ouderterp arbeitete. 1872 zog er nach Utrecht.

Zwischen 1871 und 1905 entwarf Tepe 70 Backsteinkirchen. Er arbeitete in mehreren Kirchen, so auch in Vianen, mit dem Bildhauer Friedrich Wilhelm Mengelberg (* 1837 Köln - † 1919 Utrecht) zusammen.

 

 

 

Mosaik-Fabrik von Villeroy & Boch Mettlach

 

Für Bodenbeläge in von Architekt Tepe entworfenen Kirchen hatte Villeroy & Boch Mettlach fast eine Monopolstellung. Besonders schöne Arbeiten mit Mettlacher Mosaikplatten führte Villeroy & Boch in folgenden niederländischen Kirchen aus:

1887 Heilige Michaëlkerk Schalkwijk

1889 Sint Nicolaasbasiliek Ijsselstein

1890 O.L. Vrouw ten Hemelopneming Vianen

1891 O.L. Vrouw ten Hemelopneming Houten

1891/92 Basiliek van de Heilige Kruisverheffing Raalte

 

 

 

Unterlagen im Werksarchiv von Villeroy & Boch Mettlach

 

Im Werksarchiv liegt ein Verzeichnis der größeren öffentlichen Bauten, in welchen in den Jahren 1852 bis 1894 Mettlacher Mosaik- und Wand-Platten Verblender, sowie Stiftmosaiken ausgeführt wurden.

Für die Kirche in Vianen sind im Jahr 1890 420 Quadratmeter Mettlacher Mosaikplatten genannt.

 

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Im Werksarchiv liegen Nachweisbücher von Mitarbeitern, darunter auch Nachweisbücher des Jacob Bach (* 06.Februar 1857) aus Fremersdorf / Saar.

Im Hinblick auf Vianen gibt es folgenden Hinweis: Auftragsdatum: 29. April 1887 / Vianen bei Utrecht / Pastor E. Geerdink / 01. 17. Mai

 

 

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Blick durch das Langhaus nach Osten zum Hochaltar

 

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Kultur- und architekturgeschichtlich wertvolle Mettlacher Mosaikplatten im Mittelgang des Langhauses

 

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Detail des keramischen Belags im Mittelgang des Langhauses

 

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Detailbereich des Schmuckfußbodens aus Mettlacher Mosaikplatten

 

 

 

 

 

 

 

 

Vorlagen für die Mettlacher Mosaikplatten im Langhaus

 

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1 Die Dekorplatten im Bodenbelag entsprechen Muster Nr. 145 der Mosaikfabrik Villeroy & Boch Mettlach.

 

Das Musterblatt liegt in der

Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart als Nr. 25 in 32/80213.

 

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2 Der Fries im Bodenbelag entspricht Muster Nr. 432a der Mosaikfabrik Villeroy & Boch Mettlach.

 

Das Musterblatt liegt in der

Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart als Nr. 57 in 32/80213.

 

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3 Die Dekorplatten im Bodenbelag entsprechen Muster Nr. 268 der Mosaikfabrik Villeroy & Boch Mettlach.

 

Das Musterblatt liegt in der

Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart als Nr. 26 in 32/80213.

 

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4 Die Dekorplatten im Bodenbelag entsprechen Muster Nr. 278 der Mosaikfabrik Villeroy & Boch Mettlach.

 

Das Musterblatt liegt in der

Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart als Nr. 26a in 32/80213.

 

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5 Die Dekorplatten im Bodenbelag entsprechen unabhängig von den Farbtönen dem Muster Nr. 25 der Mosaikfabrik Villeroy & Boch Mettlach.

 

Das Musterblatt liegt in der

Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart als Nr. 27 in 32/80213.

 

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6 Die Dekorplatten im Bodenbelag entsprechen Muster Nr. 274 der Mosaikfabrik Villeroy & Boch Mettlach.

 

Das Musterblatt liegt in der

Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart als Nr. 26 in 32/80213.

 

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Bodenbelag im Altarraum aus Mettlacher Mosaikplatten

 

 

 

 

Vier Tiertableaus aus Mettlacher Mosaikplatten im keramischen Bodenbelag

 

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Löwe, 4 x 4 Mosaikplatten, mit großzügiger Rahmung

 

 

 

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Adler, Frontalaufnahme, 4 x 4 Mosaikplatten, mit großzügiger Rahmung

 

 

 

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Fisch, Schrägaufnahme, 4 x 4 Mosaikplatten, mit großzügiger Rahmung

 

 

 

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Fisch, Frontalaufnahme, 4 x 4 Mosaikplatten, mit großzügiger Rahmung

 

 

 

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Salamander, Frontalaufnahme, 4 x 4 Mosaikplatten, mit großzügiger Rahmung

 

 

 

 

 

 

 

Vorlagen für die vier Tiertableaus aus Mettlacher Mosaikplatten im keramischen Bodenbelag nach Vorlagen der Mosaik-Fabrik Villeroy & Boch Mettlach auf einem Musterblatt von 1880

 

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Blatt 20 der Musterblätter von 1880 im Werksarchiv von Villeroy & Boch in Mettlach

 

Löwe (Element Erde)

 

Der Löwe ist Sinnbild für naturgegebene Stärke, Gewandtheit, Tapferkeit und imposantes Auftreten. Er symbolisiert Macht und Herrschaftsanspruch.

 

Apokalypse 5,5 nennt unter Bezugnahme auf den Stammesspruch Genesis 49,9 Jesus den „Löwen aus Juda“, um ihn als den erwarteten Heilskönig auszuweisen.

 

Der Löwe ist Symbol für den Evangelisten Markus.

Die Zuordnung der Symbole an die vier Evangelisten geht auf den Kirchenvater Hieronymus im 4. Jh. zurück.

 

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Adler (Element Luft)

 

Karl der Große, ein Kämpfer für das Christentum, nahm den Adler in die mittelalterliche Wappenkunde auf und machte ihn nach seiner Krönung in Rom zum Symbol seines Reichs.

 

In der christlichen Symbolik steht der Greifvogel für die Himmelfahrt Christi.

 

In der bildenden Kunst wurde der Adler Symbol des Evangelisten Johannes.

 

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 Fisch (Element Wasser)

 

Um einander gegenseitig als Christ erkennen zu können, dachten sich die frühen Christen ein Symbol aus: den Fisch. Damit war der Fisch zu einem Geheimcode unter den Christen geworden.

 

Der Fisch ist nicht nur das Symbol Christi, sondern auch der getauften Gläubigen und der Eucharistie.

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Salamander (Element Feuer)

 

Der Salamander gilt seit der Antike als feuerfestes Tier.

Er ist Symbol für Christus, auch Sinnbild der Seelen im Fegefeuer, Symbol für Reinheit und Gerechtigkeit.

 

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Vorlagen für die Mettlacher Mosaikplatten im Altarraum

 

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1 Detail aus Blatt 11 der Musterblätter von 1880 im Werksarchiv von Villeroy & Boch in Mettlach

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2 Der Fries im Bodenbelag entspricht Muster Nr. 488 der Mosaikfabrik Villeroy & Boch Mettlach.

 

Das Musterblatt liegt in der

Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart als Nr. 19a in 32/80213.

 

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3 Detail aus Blatt 7 der Musterblätter von 1880 im Werksarchiv von Villeroy & Boch in Mettlach

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4 Dieses aus vier Mosaikplatten bestehende Dekor hat die Nr. 541.

Das Musterblatt liegt in der

Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart als Nr. 37 in 32/80213.

 

Die Zuordnung der Symbole an die Evangelisten geht auf den Kirchenvater Hieronymus im 4. Jh. zurück: der Löwe steht für Markus, der Stier für Lukas, der Adler für Johannes und der Mensch für Matthäus; aufgrund der Flügel wird er häufig als Engel bezeichnet.

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5 Detail aus Blatt 12 der Musterblätter von 1880 im Werksarchiv von Villeroy & Boch in Mettlach

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Bildnachweis

Diana Nieuwold (Kerkfotografie): 01, 04, 05, 20

Meine Bearbeitungen aus Foto 05: 08, 10, 12, 14, 16, 18

Meine Bearbeitungen aus Foto 20: 32, 34. 36, 38, 40

Parochie O.L. Vrouw ten Hemelopneming Vianen: 06, 07, 21, 22, 24, 25

Rijksdienst voor het Culturel Erfgoed: 23

Werksarchiv V&B Mettlach: 02, 03, 26-31, 33, 37, 41

Württembergische Landesbibliothek Stuttgart: 09, 11, 13, 15, 17, 19, 35, 39

(Die Fotos aus der Württembergischen Landesbibliothe kaufte ich vor einigen Jahren.)

 

Benutzte Literatur

Wikipedia

 

Danksagung

Frau Diana Nieuwold erteilte mir die Genehmigung, ihre im Internet veröffentlichten Fotos 01, 04, 05 und 20 in diesem Bericht veröffentlichen zu dürfen.

Herr Pastor Meijer schickte mir die Fotos 06, 07, 21, 22, 24 und 25.

Frau Agnes Müller vom Werksarchiv V&B Mettlach half mir bei der Suche nach Vorlagen für die Mettlacher Mosaikplatten.

Meinem Sohn Norbert danke ich für die Bearbeitung und Veröffentlichung des Berichtes.

 

 

Parochiekerk O.L. Vrouw ten Hemelopneming

Brederodestraat 2

NL-4132 VP Vianen