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Niederländische Fliesen des 18. Jahrhunderts
im Holländischen Haus der Palastanlage Kuskowo

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Vita Filatowa

     Wilhelm Joliet

 

Kuskowo (russisch Куско́во) ist ein bekanntes Architektur-Ensemble in der russischen Hauptstadt Moskau. Die heute denkmalgeschützte Anlage besteht aus einem klassizistischen Palast aus dem 18. Jahrhundert, einem Teich und einem Park mit einer Reihe markanter Bauwerke, darunter das Holländische Haus. Das Ensemble befindet sich im östlichen Bezirk der Stadt.
Die Ortschaft namens Kuskowo wurde erstmals in einer Urkunde aus dem späten 16. Jahrhundert erwähnt, aus der auch hervorgeht, dass sie bereits damals Eigentum der hochadligen Familie der Scheremetews war. Damals war es Jagdgebiet des Zaren. Der Palast mit den Parkanlagen entstand in den 1770er-Jahren nach einem Entwurf des Moskauer Architekten Karl Iwanowitsch Blank (*1728 - †1793) und diente den Scheremetews vor allem für feierliche Empfänge und andere Freizeitaktivitäten. Am Teich wurde eine kleine Ruderbootflotte unterhalten. Die Größe der Parkanlage beträgt rund 230 Hektar.

Es wurde ein riesiges Areal des Anwesens der Scheremetews bebaut und in drei Teile gegliedert : den „zentralen“ Teil des Anwesens mit dem regulären Park, dem Palast und den Parkpavillons im Geiste verschiedener Kulturen und Nationen; und den englischen Landschaftspark „Guy“ mit dem Haus der Einsamkeit, der Porträtgalerie und dem Theater.
Die Baudenkmäler im „zentralen“ Teil des Anwesens sind bis heute erhalten geblieben.

Das Landgut gehörte den Scheremetjews bis 1917. Nach der Oktoberrevolution wurde es verstaatlicht und erhielt 1919 den Status eines Freilichtmuseums. 1938 wurde auch das staatliche Keramik-Kunstmuseum in den Kuskowoer Museumskomplex eingegliedert.

 

Grundlage für die Vorliebe holländischer Kultur in Russland
Die holländischen Traditionen wurden in Russland zu Beginn des 18. Jahrhunderts dank Pjotr dem Ersten populär, für den Holland ein Modell wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Wohlstands war.
Zar Peter I., Pjotr Alexejewitsch Romanow, (*1672 - †1725) begann im August 1697 inkognito im niederländischen Zaanstad Erfahrungen im Schiffbau zu sammeln. Er studierte die Konstruktion seegängiger Segler, die er als Modellschiffe kopieren und in Russland später nachbauen ließ. Nachdem entdeckt wurde, wer da wirklich in Zaandam weilte, war Peter gezwungen, in einer von der Öffentlichkeit abgeschirmten Werft in Amsterdam weiterzuarbeiten. Dort begann er am 20. August 1697 beim Werftmeister Gerrit Claesz Pool eine Zimmermannslehre in der Werft der Ostindischen Kompanie. Hier arbeitete Peter am Bau der Fregatte Peter und Paul und erhielt von Werftmeister Pool ein glänzendes Zeugnis.

Das Wirken Peters des Großen ist eng mit dem Namen Boris Petrowitsch Scheremetew verbunden, Vater des Gründers des Gutes Kuskowo, Peter Borissowitsch. Boris Petrowitsch war ein berühmter Begleiter des Zaren, ein erfahrener Diplomat und militärischer Führer, der als erster vom Zaren den Rang eines Feldmarschalls und den Grafentitel verliehen bekam.
Pjotr Borissowitsch, der den Gästen die Besonderheiten des niederländischen Lebens in Kuskowo näherbrachte, folgte nicht nur der Mode, zeugte von der Beteiligung und der wichtigen Rolle seiner Familie an den Umwälzungen des frühen 18. Jahrhunderts und würdigte das Andenken an seinen Vater Boris Petrowitsch.

 

Architektur-Ensemble

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Pierre François Laurent (1739-1809), Hauptansicht des Kuskowo-Anwesens von der Seeseite aus dargestellt (ca. 1771). Tafel aus der Serie „Darstellung der Gebäude und des Gartens, genannt das Dorf Kouskawa, das Seiner Lordschaft Graf Peter Borissowitsch Scheremetew gehört.“
Der Große Teich bildet zusammen mit den kleineren Teichen und dem den formalen Garten umgebenden Kanal die Wasserstraßen des Anwesens. Bei Festanlässen wurden auf dem großen Teich „Seeschlachten“ und „Feuerwerke“ gezeigt.

 

 

Bauherr

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Portrait des Grafen.
Nicolas B. Delapierre
(ca. 1739 – 1802).
Kuskowo-Museum

Graf Pjotr Borissowitsch Scheremetew
(*1713 - †1788), russischer Kammerherr, General und Mäzen. Er war der älteste Sohn des Generalfeldmarschalls Graf Boris Petrowitsch Scheremetew.
1760 wurde Pjotr Borissowitsch General und Adjutant der Kaiserin und 1762 von Kaiserin Katharina II. zum Senator ernannt. 1767 berief man ihn in die Kommission zur Vorbereitung eines neuen Gesetzbuches. In deren Sitzungen erklärte er seine Bereitschaft, die Bauern aus der Leibeigenschaft zu entlassen. Er war selbst Herr von 140.000 Bauern. Scheremetew wurde bekannt als reicher Sonderling mit seiner Liebe zu den Künsten und seinem luxuriösen Lebensstil.
Zum Empfang Katharinas II. auf Schloss Kuskowo gab es zum Beispiel prächtige Feste bei denen unter anderem auf dem See vor dem Schloss mit Kanonen bestückte Schiffe beeindruckten.
Andererseits war der Graf als humaner Gutsbesitzer und aufgeklärter Kulturmäzen bekannt. Er organisierte Schulen für Leibeigene, unterstützte Maler, Architekten und Handwerker. Viele von Scheremetews begabten Leibeigenen kamen aus der Leibeigenschaft frei.

 

 

 

Holländisches Haus im Kuskowo-Ensemble

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Gravé à Paris, par P.re Laurent membre de l’Académie de Peinture et Sculpture a Marseille.

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Französische Beischrift des Kupferstiches.

Die Darstellung des Holländischen Hauses ist in dem Album „Darstellung der Gebäude und des Gartens, genannt das Dorf Kuskova, das Seiner Lordschaft Graf Peter Borissowitsch Scheremetew gehört...“ enthalten, das Graf Peter Scheremetew 1771 bei den französischen Graveuren Pierre François Laurent und Pierre André Barabé in Auftrag gab. Die Blätter des Albums basieren auf Zeichnungen unbekannter russischer Künstler aus dem 18. Jahrhundert, die unter der Aufsicht von Michail Iwanowitsch Makhajew, einem Meister der Zeichnung von architektonischen Landschaften, ausgeführt wurden.

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Holländisches Haus am Teich

Das Holländische Haus ist Teil des Schloss- und Parkensembles, das im 18. Jahrhundert von Graf Pjotr Borissowitsch Scheremetew geschaffen wurde. Das Gebäude wurde von 1749 bis 1751 errichtet.
Die Wände von Küche, Buffet und Dessertzimmer sind vom Boden bis zur Decke mit holländischen Fliesen bekleidet. 1774 kamen noch 6000 Fliesen aus Amsterdam über den niederländischen Händler Oldekop nach Kuskowo. Mit ihnen wurde der Saal in der 1. Etage dekoriert.
Mit dem Holländischen Haus begann 1749 die Entwicklung des eigentlichen Parks. Das Haus ist ein anschauliches Beispiel für den Bau von Pavillons, die in der mittleren und zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts weit verbreitet waren. Ein passendes Beispiel ist die Nymphenburger Parkanlage bei München.
Graf Pjotr Borissowitsch Scheremetew beschränkte sich nicht auf einen einzigen Pavillon, sondern schuf ein ganzes Ensemble, das der holländischen Kultur gewidmet war, darunter die Parkpavillons Pagodenburg und Säulenlaube am Ufer des Holländischen Teiches, die Teile Hollands nachahmten. Ein nahegelegener Erlebnisbauernhof mit holländischen Kühen, Gemüse- und Tulpengarten trugen ebenfalls zum „Holland“-Erlebnis bei.

 

 

Küche

Der Raum im Parterre hat die folgenden Maße: Breite = 4,07 m, Länge = 6,67 m,
Höhe = 3,38 m.

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Fliesen der Art Landschap op land, hoekmotief spin (Landschaft auf Land mit dem Eckmotiv Spinne DNT A.03.01.17) 1bedecken die Wände der Küche vom Boden bis zur Decke. Sie wurden in der Zeit zwischen 1750 und 1751 angesetzt.
Jede Fliese hat das Maß von ca. 130 x 130 x 8 mm.

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Die Einzelfliesen mit kobaltblauer Bemalung zeigen typisch holländische Landschaften, Personen und Tiere. Fliesenmaler entnahmen ihre Motive reichlich vorhandenen Stichen und Drucken. Die Fliesen bilden aneinander gereiht optisch markante Streifen. Sie lassen den Raum weiter erscheinen.

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An der linken Wand hängt ein hölzerner Brotkasten aus der französischen Provence und dem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts. In und auf der Vitrine werden kostbare Teller und Vasen zur Schau gestellt.

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In der Vitrine stehen und liegen Keramiken unterschiedlicher Provenienz.
Das von einem unbekannten russischen Künstler des 18. Jahrhunderts auf Holz gemalte beschnittene Bild der Dame mit Kind war zur Überraschung und zum Vergnügen der Gäste gedacht.

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Detailbereich über der Vitrine.

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An der Kopfwand ist der ehemalige Feuerraum eines offenen Kamins zu sehen.

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Auf dem unteren Teil der Fliesenwand erkennt man die Mehrfachverwendung von Motiven, zum Beispiel das Taubenhaus.
Die weißen Mörtelfugen weisen auf eine Nachbesserung, beziehungsweise Ergänzung des 20. Jahrhunderts hin, denn im 18. Jahrhundert wurden die Fliesen mit möglichst engen Fugen angesetzt.

 

Beispiele unterschiedlicher Motive op land mit dem Eckmotiv spin

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Buffet

Dieser Raum ist 1,83 Meter breit, 3,74 Meter lang und 3,34 Meter hoch. Er diente laut Inventar im 18. Jahrhundert zur Aufbewahrung und Präsentation von wertvollem Porzellan, Töpfer- und Glaswaren.
Die Wandbekleidungen wurden vom Boden bis zur Decke aus Fliesen der Art Landschap in cirkel, hoekmotief anjer (Landschaft im Kreis mit dem Eckmotiv Nelke DNT A.03.01.28) und Landschap in cirkel, hoekmotief ossenkop (Landschaft im Kreis mit dem Eckmotiv Ochsenkopf DNT A.03.01.24) (1) erbracht.
Es gibt eine Besonderheit: die Motive wurden blau aber die Nelken als Eckmotive manganfarben gemalt.

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Leider wurden die Fliesenbekleidungen im Buffet bei Durchfeuchtungen stark beeinträchtigt. Im Mauerwerk aufgestiegene Salzlösungen drückten bei ihrer Kristallisation Glasur von den Scherben ab und blühten in Fugen und auf freigelegten Scherben pulvrig aus. In größeren Teilbereichen wurden Fliesen sogar komplett vom Mauerwerk beziehungsweise vom Mörtelbett abgeschert. Es gibt in den oberen Wandbereichen zusätzlich Schäden durch Setzungen des Mauerwerks. Im Bild zeigt eine aufklaffende Fuge diesen Schaden. Die Fliesenbekleidungen warten auf eine grundlegende Restaurierung.

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Detailbereich der Wandfläche über der Tür.

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Weiterer Detailbereich über der Tür im Raum Buffet.
Besonderheit: Es gibt eine verdreht eingearbeitete Fliese.

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In diesem Wandfeld wurden Fliesen mit den unterschiedlichen Eckmotiven Nelke und Ochsenkopf in zeitversetzten Abständen angesetzt.
Abgescherte Glasuren und weiße Ausblühungen zeigen schädigende Auswirkungen durch Mauerwerk, Ansetzmörtel und Fliesen durchdrungenen Wassers.

 

 

 

Dessertzimmer

Der Raum hat die folgenden Maße: Breite = 1,84 m, Länge = 3,74 m, Höhe = 3,62 m.
In diesem Raum wurde die gleiche Art Fliese Landschap in cirkel, hoekmotief anjer (Landschaft im Doppelkreis mit dem Eckmotiv Nelke DNT A.03.01.28) (1) wie im Buffet verarbeitet.

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Blick in das kleine Dessertzimmer.

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Obwohl sich im Dessertzimmer derzeit ein gedeckter Tisch und das von einem unbekannten russischen Künstler des 18. Jahrhunderts auf Holz gemalte beschnittene Bild einer Dame befinden, wurde der Raum laut Inventar im 18. Jahrhundert zur Aufbewahrung und Präsentation von wertvollem Porzellan, Töpfer- und Glaswaren genutzt.

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Die Wandbekleidungen des Dessertzimmers wurden vom Boden bis zur Decke aus Fliesen erbracht, die den Anschein von Porzellan vermittelten.

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Fliese im Format 130 x 130 x 8 mm.

Das kobaltblaue Motiv füllt den doppelten Kreis, der die komplette Fläche dieser zinnglasierten Fliese bedeckt. Markant ist das manganfarben gemalte Eckmotiv der Nelke. Diese Fliesen sind typisch für den Produktionsort Amsterdam.
Fliesen in Küche, Buffet und Dessertzimmer wurden im Frühjahr / Herbst 1750 und im Sommer 1751 angesetzt.
Im 19. und 20. Jahrhundert wurden aufgrund des schlechten, vor allem durchfeuchteten, Zustands der Fliesenwände immer wieder Restaurierungen und Ergänzungen erforderlich.
Kopien wurden ab 1983 in den Restaurierungsstätten der Vereinigung ‚Rosrestavratsiya‘ Leningrad (seit dem 12. Juni 1991 St. Petersburg) hergestellt.

In Buffet und Dessertzimmer gibt es zusammen 44 Dekore, die Dekoren auf Fliesen in Schloss Bothmer in der mecklenburg-vorpommerschen Stadt Klütz (2) entsprechen.
Vergleicht man die Details, so stellt man fest, dass die Fliesen unter Verwendung eines identischen Sets Amsterdamer Durchstaubschablonen gemalt wurden.

Hier einige Beispiele:

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Auch im Barockhaus in Grimma / Sachsen (3) gibt es entsprechende Amsterdamer Fliesen.

 

Besonderheit

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Fliese im Format 130 x 130 x 8 mm.

Daifilo und Granida sind die Namen der Protagonisten eines niederländischen Pastoraldramas von Pieter Cornelisz Hooft. Die Geschichte wurde im 17. Jahrhundert häufig aufgeführt und inspirierte viele Künstler. Granida ist eine persische Prinzessin, die sich auf der Jagd verirrt und auf den Hirten Daifilo trifft. Daifilo bietet Granida Wasser in einer Muschel an und verliebt sich in sie.

 

 

 

Saal

1774 kamen noch 6000 Fliesen aus Amsterdam über den Händler Oldekop nach Kuskowo. Mit ihnen wurde der Saal dekoriert.
Der Raum im 1. Obergeschoß ist 7,01 Meter breit, 7,02 Meter lang und 3,62 Meter hoch.

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Die Fliesenbekleidungen des Saals in der ersten Etage des Holländischen Hauses sind weitestgehend unversehrt. Es dominiert die Dekorfliese Diagonaal decor met hoekmotieven; het grootste hoekmotief vormt het centrale motief van de vier tegels (Diagonaldekor mit Eckmotiven. Das größte Eckmotiv formt das Zentralmotiv von vier Fliesen DNT A.01.05.44) (1).

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Dekorfliese DNT A.01.05.44 im Format 130 x 130 x 8 mm.

Bei den weißen Feldern handelt es sich um Ergebnisse der Ausspartechnik. Hier wurden Teilbereiche der Fayenceglasur nicht bemalt. Dies ist besonders im großen Eckmotiv zu sehen.

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Die Zusammenstellung von vier x vier = sechszehn Fliesen bringt das kleinere Eckmotiv zur Geltung.

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Die Wandflächen wurden geschickt durch Einarbeitung von randen - verticaal en horizontaal symmetrisch (Randfliesen, vertikal und horizontal DNT A.14.03) aufgelockert.

Auch in diesem Raum gibt es neben Ölgemälden Teile der Fayence- und Porzellansammlung.
An der rechten Wand fällt eine sehr schöne Fayenceplatte ins Auge.

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Neben edlem Mobiliar, Ölgemälden und Porzellane ziert diese Fayenceplatte den Saal auf der ersten Etage vom Holländischen Haus.
Die Fayenceplatte hat folgende Maße: Höhe 64 cm, Breite 55,3 cm, Dicke im Randbereich ca. 2,4 cm.
Sie kann Dirck Harlees aus Delft zugeschrieben werden.

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Signaturen auf der Rückseite der Fayenceplatte.

HL steht für Harlees, den Besitzer Werkstatt „De Porceleyne Fles“.
Der Buchstabe T mit den beiden Punkten bezeichnet den unbekannten Maler.

Nach der Zunftordnung von 1654 mussten bei einer Arbeitsprobe ein Siruptopf, eine Salatplatte und ein runder, innen hohler Salzstreuer aus einem Stück, zur Erlangung der Meisterwürde gefertigt werden. Dirck Harlees legte diese Prüfung 1795 ab.

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Eine Besonderheit stellt die Kombination von blauen und manganfarbenen Randfliesen dar.

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Die Fensterbank wurde im Gegensatz zu den Fensterlaibungen mit Fliesen bekleidet.
Technisch gut ausgeführt durch Gehrungsschnitte sind die Übergänge der Randfliesen aus den Waagerechten in die Senkrechten.


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Über dem Fenster und zwischen den Deckenbalken sind Fliesen der Arten Landschap in achtkant op gesprenkeld fond met hoekmotief uitgespaarde anjer (Landschaft im Achteck auf gesprenkeltem Grund mit dem ausgesparten Eckmotiv Nelke DNT A.03.03.07) (1) und Landschap in achtkant op gesprenkeld fond met hoekmotief uitgespaarde kwartrozet (Landschaft im Achteck auf gesprenkeltem Grund mit dem ausgesparten Eckmotiv Viertelrosette DNT A.03.03.09) (1) angesetzt.

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Detailbereich zwischen Deckenbalken.

Bei Fliesen des Dekors „Landschaft im Achteck auf gesprenkeltem Grund“ legte man auf die mit Zinnglasur bedeckte Fliese eine Zinkschablone, die das achteckige Mittelfeld und die vier Nelken als Eckornamente abdeckte.

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Durch Reiben mit einem Messer über eine mit manganfarbener Glasur getränkten Bürste wurde die Glasur auf die freiliegende Zinnglasur aufgespritzt.

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„Sprenkelen“
Aufnahme aus der Fliesenwerkstatt WESTRAVEN in Utrecht 1917.

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Auf diesem Foto kann man sehr schön die etwas unterschiedlichen Ausführungen gleicher Motive sehen. Besonders die Wolken differieren in der Art der Bemalung.
Eine Fliese mit dem Eckmotiv Nelke passt nicht in dieses Ensemble.

 

Fliesen der Art Landschap in achtkant op gesprenkeld fond

Im Saal gibt es über Fenster und zwischen Deckenbalken zweihundertfünf Fliesen beziehungsweise Teilstücke von Fliesen dieser Art.

Unbeschädigte Fliesen mit dem Eckmotiv anjer:

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Unbeschädigte Fliesen mit dem Eckmotiv uitgespaarde kwartrozet:

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Das Holländische Haus in Kuskowo ist ein einzigartiges Objekt, das die ursprüngliche Fliesendekoration aus dem 18. Jahrhundert bewahrt hat. Es wurde zwischen 1749 und 1751 zur Erinnerung an die Ära Peters des Großen und seine Leidenschaft für Holland erbaut.

1 Jan Pluis, DNT De Nederlandse tegel, decors en benamingen 1570 – 1930, Leiden 2013
2 Amsterdamer und Harlinger Fliesen des 18. Jahrhunderts in Schloss Bothmer https://www.geschichte-der-fliese.de/bothmer.html
3 Amsterdamer Fliesen des 18. Jahrhunderts im Barockhaus, Markt 23, Grimma / Sachsen https://www.geschichte-der-fliese.de/grimma.html

 

Fotonachweis
01-32 und 35 Staatliches Palast- und Parkmuseum-Reservat „Ostankino und Kuskowo“ (Sammlungen des Gutsmuseums Kuskowo)-©“Copyright“
33 und 34 Fotoarchiv Jan Pluis ©“Copyright“

Benutzte Literatur
Olga Baranowa, Kuskowo: Landsitz des 18. Jahrhunderts. Museum für Keramik.
Aus dem Russischen übertragen von Roman Orlow, Aurora-Kunstverlag, Leningrad 1983

Danksagung
Vita Filatowa, leitende wissenschaftliche Mitarbeiterin des Museums-Reservats Kuskowo, danke ich für die Besorgung des Bildmaterials, ihren Schatz an Informationen und die gute Zusammenarbeit.
Dank sage ich Sergey Vladimirovich Avdorin, Direktor des Museums-Reservats Kuskowo,  für seine Genehmigung, Bilder von Werken aus der Sammlung des Museums und digitale Bilder von der Aussen- und Innenansicht des Holländischen Hauses in diesem Bericht zu verwenden.
Meinem Sohn Norbert danke ich für die Bearbeitung und Veröffentlichung des Berichtes.