Glasierte Fußbodenfliesen des
frühen 16. Jahrhunderts
in der
Kapelle der Burg Gnandstein

 

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Blick von Südosten auf die Burganlage

 

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Blick von Osten auf die Burg

 

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Blick auf den im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts erbauten Bergfried

 

Die Burg steht auf einem Porphyritfelsen in Gnandstein, einem Ortsteil der Stadt Kohren-Sahlis, im Landkreis Leipzig. Sie gilt als Sachsens besterhaltene romanische Wehranlage.
Älteste Teile stammen aus dem ersten Viertel des 13. Jahrhunderts. Im oberen Burginnenhof errichtete man in der Mitte des 13. Jahrhunderts den runden Bergfried. Im 15. Jahrhundert wurde die Burg um einen Wohnflügel, eine Kapelle und das Torhaus erweitert. Der Ausbau der Burg zu einem wohnlichen Schloss wurde durch die reichen Einkünfte Heinrichs von Einsiedel genannt ’der Fromme’ (1435-1507) aus dem sächsischen Bergbau möglich.
Besonderes Juwel der Burg ist die von Heinrich I. von Einsiedel gestiftete spätmittelalterliche Kapelle. Das zentrierende sternenförmige Zellengewölbe verleiht dem Raum eine besondere Akustik. Die wichtigsten Ausstattungsstücke sind drei um 1502 gefertigte Flügelaltäre, die Heinrich von Einsiedel seinen zwei verstorbenen sowie seiner lebenden Ehefrau stiftete. Das Schnitzwerk fertigte der bekannte Zwickauer Meister Peter Breuer (1472-1541), Schüler von Tilman Riemenschneider. Von einem, wahrscheinlich aus Franken gekommenen, unbekannten Künstler stammt die Tafelmalerei der drei Altäre.
Der um 1502 verlegte und in großen Bereichen noch gut erhaltene Fliesenboden ist ein bedeutendes Zeugnis des Töpferhandwerks und der Fliesenverlegung.

 

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Links Annenaltar– rechts Marienaltar
Annenaltar mit der Feiertagsseite und Tafelmalereien eines unbekannten Meisters,
um 1501
Die Mitteltafel zeigt links die Jungfrau Maria, rechts ihre Mutter Anna und zwischen ihnen das Jesuskind. Die Seitenflügel zieren heilige Königstöchter, links die Hl. Ursula und rechts die Hl. Elisabeth.

 

Der Fußboden des Altarraumes mit seinen einfarbig gelb, braun und grün glasierten Tonfliesen setzt einen markanten Farbakzent. Er stammt aus der Entstehungszeit der Burgkapelle, ist in großen Bereichen gut erhalten und ein seltenes Beispiel eines keramischen Schmuckfußbodens der Spätgotik. Der Boden ist bedeutendes Teil des Gesamtkunstwerkes Burgkapelle.
Vom Töpferhandwerk des Kohrener Landes ist bekannt, dass es seit dem ausgehenden Mittelalter in hoher Blüte stand. Es ist deshalb davon auszugehen, dass es sich bei den erhaltenen ursprünglichen Fliesen um Erzeugnisse des regionalen Töpferhandwerks handelt.
Sie wären die bisher bekannten ältesten Zeugnisse Kohrener Keramik.

 

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Marienaltar, Feiertagsseite, Mittelschrein mit den Figuren der Heiligen Katharina, Maria
und Margaretha. In den Flügeln sind links die Hl. Barbara mit einem Kelch und rechts die
Hl. Dorothea mit einem Blumenkorb dargestellt. Peter Breuer um 1501
Zum Zeitpunkt der Aufnahme (2009) fehlte ein Teil des Zieraufsatzes oberhalb des Flügelaltars.

 

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Gestühl mit geschnitzten Wangen, Kanzelaufgang und Marienaltar im Hintergrund

 

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Der weiße Kalkanstrich der Wände bringt die Farbigkeit des keramischen Schmuckfußbodens zur Geltung.

 

Die Emporenbrüstung ist in kräftigem Rot mit weißen Fugenstrichen hervorgehoben.
Gemalte rote Kreuze umgeben mit Blüten sind Zeichen der Weihe der Burgkapelle durch einen Bischof. Das Datum der Kirchweihe ist leider nicht bekannt.

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Inneres der Burgkapelle, Blick nach Westen mit Gestühl, Kanzelaufgang und Kanzelkorb
Man erkennt sehr schön das sternförmige Zellengewölbe.

 

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Gestühl mit geschnitzten Wangen, um 1500. Das schmiedeeiserne Gittertürchen grenzte die Sitze der Burgherrschaft und der Burgmannschaft ab. Das hölzerne Gestühl ist auf den keramischen Bodenbelag aufgesetzt.

 

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Gestühl, Wange mit Herold, der ein Band mit der Inschrift CARL V hält, um 1500


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Der Blick von der Empore in den Altarraum gibt einen Teilbereich des spätgotischen keramischen Schmuckfußbodens frei.

 

Die Fliesen sind farblich alternierend verlegt. Bandartig angeordnete Reihen Fliesen mit gelblich-bräunlicher Glasur trennen quadratische Felder mit hauptsächlich grün glasierten Fliesen. Die Felder verlaufen in diagonaler Richtung.
Im oberen und unteren linken Bildbereich erkennt man den Gesamteindruck störende
Flickstellen.
In der Zeit der Romantik, war die Burgkapelle sehr beliebt für kirchliche Hochzeiten.
1911 machte die Familie von Einsiedel außer Turm und Rittersaal auch die Kapelle bei Besichtigungen der Öffentlichkeit zugänglich. In den Jahren 1922-1923 erfolgten unter Hans von Einsiedel Restaurierungsarbeiten in der Kapelle. Eine weitere Restaurierung erfolgte 1968.
Die Kapelle ist seit 1948 Teil des Burg-Museums.


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Bereich zwischen Bartholomäus- und Annenaltar

 

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Unterschiedlich abgenutzte Glasuren am Marienaltar

 

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Bodenfläche neben dem Annenaltar

 

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Fliesen im Wandbereich mit optisch störendem Fugenversatz

 

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Bodenfläche am Bartholomäusaltar

 

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Die Struktur der Oberflächen verleiht den Glasuren ein besonderes Farbenspiel

 

 

Bei Restaurierungsarbeiten an den historischen Fußbodenfliesen im Februar / März 2010 wurden die folgenden 9 Fliesen fotografisch dokumentiert.

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Fliese 1, ca. 7,7x7,7 cm

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Fliese 2, ca. 8,2x8,4 cm

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Fliese 3, ca. 8,0x8,0 cm

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Fliese 4, ca. 7,7x7,9 cm

         22
Fliese 5, ca. 7,8x8,2 cm

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Fliese 6, ca. 8,1x8,2 cm

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Fliese 7, ca. 7,8x8,1 cm

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Fliese 8, ca. 8,4(7,9)x8,1 cm

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Fliese 9, ca.8,1x8,3 cm

Verschiedene Partien wurden 1923 und 1968 ergänzt bzw. ersetzt.
Auf der Empore wurde Mitte der 70er Jahre ein Ziegelpflaster durch einen Fliesenbelag in der Art des Bodenbelags der Kapelle ersetzt. Formgebung, Glasur und Brennen erfolgten in der Kohrener Töpferei, deren Räume jetzt als Töpfermuseum genutzt werden.

Ich danke Herrn Klaus-Peter Dyroff aus Schmiedeberg / Sachsen, der mir das Bildmaterial zur Verfügung stellte.

http://www.burg-museum-gnandstein.com

http://www.mosaikkunst.de